Köln Marathon 2016 – 42,195 km zur Erfüllung meines Lebenstraums
Jetzt sitz ich hier – zwei Tage nach meinem ersten Marathon und kann es immer noch nicht begreifen. Trotz dem möchte ich genau jetzt versuchen alles Revue passieren zu lassen und euch an der Geschichte teilhaben zu lassen.
Wie alles begann
Um diese Zeit vor einem Jahr bin ich meinen ersten Halbmarathon in Köln gelaufen. Mit einer Zeit von 1:54:14 kam ich überglücklich ins Ziel und dachte mir: „WOW – Gänsehaut pur. Was ein Gefühl! Aber hey – Wie kann man denn bitte das Doppelte laufen? Wie soll das denn gehen?“ Und gleichzeitig hab ich es bewundert und fand es so inspirierend, zu was unser Körper fähig ist.

Immer wieder waren meine Gedanken beim Marathon und insgeheim war es schon immer mein Traum ein Marathoni zu sein. „Irgendwann läufst du einen Marathon!“, dachte ich mir.. Bis der 9. Juli 2016 kam und es klar war: entweder du meldest dich jetzt an und ziehst das Training ab sofort durch oder du verschiebst deinen Lebenstraum nach hinten auf nächstes oder übernächstes Jahr. Und dann überkam es mich. Warum warten? Warum zögern? Verdammt du lebst nur ein einziges Mal. Wer weiß, was nächstes Jahr ist? Das ist dein Lebenstraum – jetzt melde dich einfach an und lebe deinen Traum! Gesagt, getan.
Die Vorbereitung
Plötzlich fühlte sich jedes Training unfassbar gut an. Bei jedem Trainingslauf dachte ich an den Zieleinlauf. Ich konnte morgens viel besser aufstehen, um noch eine Runde vor der Arbeit zu laufen und habe einfach gespürt, dass die Anmeldung genau die richtige Entscheidung war! Ich hatte das Gefühl, noch ein Stückchen mehr zu mir selbst gefunden zu haben. Ich achtete vermehrt auf eine gute, ausgewogene Ernährung, auf genug Erholung, genug Schlaf und so wenig Alkohol, wie möglich. Natürlich ist mir das nicht immer so gelungen, wie ich es mir vorgestellt hatte. Vor allen Dingen das Marathon-Training in den Alltag einzubauen waren für mich super schwer. 4 x die Woche laufen neben meinen 2 team LOA Workouts die Woche, einem Vollzeit-Job, und den Aufbau meiner Selbstständigkeit war nicht ohne. Trotz dem habe ich versucht das Beste draus zu machen und vor allen Dingen auf meinen Körper zu hören. Ich nahm die Vorbereitung ernst. Aber in einem guten Maße. Nicht zu verkrampft, sondern eher positiv fokussiert.
Die ersten Zweifel
Vier Wochen vor dem Marathon ging es los: die erste Zweifel. Habe ich genug Intervallläufe gemacht? Habe ich genug Waden- und Fußtraining gemacht? Was ist mit den Langstreckenläufen über 30 km? Ich hatte das Gefühl, von allem nicht genug gemacht zu haben – und vier Wochen vor dem Marathon geht ja eigentlich schon die Regenerationsphase los. Bislang war mein längster Lauf 31 km – „Na toll, noch 11 km mehr?! Wie sollst du das denn schaffen? Was passiert denn eigentlich bei Kilometer 35? Wer ist denn dieser Mann mit dem Hammer?“ All diese Fragen stellte ich mir. Um ein Ausrufezeichen zu setzen, liefen Dawid, mein Freund und ich 36 km drei Wochen vor dem Marathon. Hart war es – ja. Aber es war ein guter Lauf, es kam kein Mann mit dem Hammer, mir ging es erstaunlich gut und genau dieser Lauf gab mir unfassbar viel Sicherheit für den Marathon. Ich war ready – körperlich und mental.
2.Oktober 2016 – Der große Tag
6:50 Uhr – nach einer unerwartet guten Nacht klingelte der Wecker ziemlich früh. Mein Outfit lag bereit. Frühstück? Wie so oft vor langen Läufen: 4 Esslöffel Haferflocken und eine Banane mit heißem Wasser übergossen. Mag ich. Vertrag ich. Gibt Power.
Gut gelaunt fuhren wir zum Deutzer Bahnhof. Auf die Stimmung vor Ort habe ich mich ganz besonders gefreut– die war beim Halbmarathon schon so toll. Komischer Weise war ich kaum aufgeregt sondern habe mich nur noch gefreut. Ich wollte endlich laufen! Lasst mich endlich laufen!
4,3,2,1 … GO!
Direkt nach dem Start wurden wir schon von unseren Freunden mit Plakat angefeuert. Was ein schöner Start. Die ersten 15 Kilometer vergingen wirklich wie im Flug und ich musste mich ständig bremsen nicht zu schnell zu laufen.
Erst dann fing ich an zu realisieren: DU LÄUFST GERADE DEINEN ERSTEN MARATHON! WAS GEHT DENN HIER EIGENTLICH GERADE AB? 😀 Ich habe mir vorgenommen jeden einzelnen Kilometer zu feiern und das tat ich!
Doch zunächst nur bis Kilometer 25. Dawids Knie fing an höllisch weh zu tun… ich sah, wie er kämpfte und versuchte ihn zu motivieren. Doch die Schmerzen waren zu groß. Ich sollte alleine weiter laufen. Vollkommene Überforderung. Alleine?! Wenn du dich wochenlang darauf einstellst den Marathon zu zweit zu laufen und plötzlich fällt deine bessere Hälfte weg, ist das einfach komisch. Ich wollte ihn nicht zurück lassen, machte mir unheimliche Sorgen und lief letztendlich (weil er darauf bestanden hat) mit Tränen in den Augen weiter.
„Okay Laura, irgendwie schaffst du das nun auch alleine. Du schaffst das. Du schaffst das. Du schaffst das.“, redete ich mir selbst ein. Doch meine Gedanken wichen immer wieder zu Dawid ab. Alle 200 Meter drehte ich mich um, um zu sehen ob er noch hinter mir war. Ja, war er. Ein Glück! „Okay nur noch bis Kilometer 31 – da wartet meine team LOA Truppe auf mich.“ Was Freunde als Zuschauer ausmachen, Leute, das könnt ihr euch nicht vorstellen. Ehrlich. Diese Kraft, die man da plötzlich dazu gewinnt ist unfassbar. „WIR SIND EIN TEAM!“, schrien sie mir entgegen und liefen 200 Meter mit mir mit.
Beim nächsten Blick nach links sah ich Dawid plötzlich wieder neben wir. „WHAT? Wie hast du das denn jetzt bitte geschafft?“ – da hatte er es tatsächlich geschafft mich wieder einzuholen. Ich verstehe bis jetzt nicht wie, aber das war mir in dem Moment ehrlich gesagt auch egal. Ab sofort zählten wir die Kilometer gemeinsam runter. Nur noch 11. Nur noch 10. Nur noch 9 km… Nun fingen auch bei mir die Wehwehchen an. Schmerzen im Oberschenkel, kleine Krämpfe unter meinem Fuß und ständig die Gedanken „Was passiert, wenn das gleich noch schlimmer wird? Ist DAS dann wohl der Mann mit dem Hammer ?“ Die Schmerzen wurden zum Glück nicht schlimmer. Trotz dem wurde es von Kilometer zu Kilometer härter.
Kilometer 36 – Motivation bitte! Und die bekamen wir. Aber sowas von! Wir wurden nämlich durch ein Mikrofon gegrüßt. Schon zuvor an den Motivations- und Trinkständen dachte ich mir:„Ich will auch einmal aufgerufen und gegrüßt werden!“ Und so war es nun. „Laura und Dawid – Zähne zusammen beißen. Es ist nicht mehr weit. Bei Kilometer 36 seid ihr nun!“ – ich vermute ja immer noch, dass meine Ladies vom team LOA uns eine Freude machen wollten! 😉 Wenn ihr das wart: das ist euch sowas von gelungen!
Total beflügelt und mit voller Energie ging es weiter. So langsam war mir das Tempo echt zu schnell. Immer wieder lief Dawid mir davon und motivierte mich bei ihm zu bleiben. Drei Mal hab ich wieder aufgeholt und blieb bei ihm aber nach dem vierten Mal konnte ich einfach nicht mehr. Kilometer 39: „Lauf Schatz! Wir sehen uns im Ziel!“, rief ich.
Wie lange können eigentlich 3,195 Kilometer sein?
Ununterbrochen bildete ich mir den Zieleinlauf ein. Ich rechnete aus, ob ich es irgendwie noch unter 4 Stunden schaffen könnte, aber selbst rechnen war zu viel.
Aber das war mir auch egal, denn besser ging es definitiv nicht. Ich konnte nicht mehr. Die Beine schmerzten, der Rücken tat weh, ich habe nur noch aufs Ziel gewartet. „Lauri!“, hörte ich aus einer Ecke. Sandra, die selber schon 8 Marathons gelaufen ist, lief neben mir her und sagte: „Lauri genau jetzt kommt das geilste Stück. Genau jetzt. Genieß es, okay? Aufgegeben wird erst in der Ziellinie!“ Und diese Worte haben mir auf den letzten Metern so unfassbar viel gegeben. „Das beste Stück liegt vor mir!“, wiederholte ich noch einmal für mich. Und ja, ich habe es genossen. Jubelnde Menschen, alle feuern dich an und wissen ganz genau, dass du es gleich geschafft hast.
„Du schaffst das Laura!“ hörte ich Lena rufen, die sich beeilte mich ein drittes Mal auf der Strecke anzufeuern. – Wow ich sag euch Leute, so viel Energie und Motivation kriegt man nur von Freunden und tollen Zuschauern.
Auf ins Ziel.
So viel harte Arbeit, so viel Schweiß, jeder Lauf im Training für diesen einen Moment: der Zieleinlauf am Kölner Dom. Und da war es tatsächlich: Das Ziel. Sehnsüchtig blickte ich nach vorn. Und zum krönenden Abschluss: Josi und Nati, zwei meiner Engsten, die beim Zieleinlauf meinen Namen schrien. Ich strahlte über beide Ohren und kam ins Ziel.
ENDLICH MARATHONI! Und das mit einer Zeit von 4:05:17. Mit Tränen in den Augen und einer Überflutung von Gefühlen nahm ich die Medaille entgegen und konnte es nicht fassen. Erleichtert, stolz, fröhlich und vollkommen erschöpft fielen Dawid und ich uns in die Arme. „Wir haben es geschafft!“ Und wisst ihr was Leute? Es lohnt sich, Lebensträume nicht nach hinten zu verschieben.